NABU Calw und Umgebung e.V.
Calw, den 8. August 2025
Sehr geehrte Frau Ministerin!
Wir wissen, auch für Sie ist der Lückenschluss der beiden Nationalparkteile eine Herzensangelegenheit.
Gemeinsam mit der Landesregierung setzen sich die Naturschutzverbände NABU, BUND, LNV und der Freundeskreis Nationalpark Schwarzwald intensiv für diesenLückenschluss ein – damit zusammenwächst, was zusammengehört. Zur Sicherung der biologischen Vielfalt braucht es Lebens- und Rückzugsräume, in denen sich die Natur, befreit von der menschlichen Einflussnahme, entwickeln kann. Daher ist der Nationalpark eine Notwendigkeit für den Naturschutz. Wir fordern deshalb ein starkes Bekenntnis für den Naturschutz und ein Plus an Fläche für den Nationalpark.
Für den NABU Calw und Umgebung ist in diesem Zusammenhang insbesondere auch die Umnutzung des Bannwalds Bärlochkar mit 102 ha auf der Gemarkung Enzklösterle in einen Wirtschaftswald ein Vorgang, der jeden Prinzipien der Biodiversität und des Naturschutzes widerspricht und gegen den wir auf das Schärfste protestieren.
Fristgerecht zum 18.7. haben die Naturschutzverbände NABU, BUND und Landesnaturschutzverband (LNV) in Baden-Württemberg sowie der Freundeskreis Nationalpark Schwarzwald e. V. beim Umweltministerium ihre Stellungnahmen zur Änderung des Nationalparkgesetzes und zur Errichtung des Sondervermögens „Zukunftsfonds Wald“ eingereicht, dem wir uns vollumfänglich anschließen.
Wir zitieren:
Aus Sicht der Verbände enthält das Gesetz seitens des Naturschutzes zu viele Zugeständnisse gegenüber dem Forst. Sie befürchten Verschlechterungen im
bisherigen Nationalpark. Der Lückenschluss könnte am Ende kein naturschutzfachlicher, sondern vor allem ein forstwirtschaftlicher Deal werden.
„Auf den letzten Metern darf die Landesregierung nicht ihre eigentlichen Ziele beim Nationalpark aus den Augen verlieren. Es ist für uns inakzeptabel, wenn jetzt die Erweiterungsfläche immer kleiner wird und über 1.400 Hektar bisheriger Nationalparkfläche als Pufferzonen zur Bekämpfung des Borkenkäfers aus dem Nationalpark ausgegrenzt werden sollen, darunter Teile bisheriger Kern- und Entwicklungszonen. Auch das Stimmengleichgewicht im Nationalparkrat zu Ungunsten des Naturschutzes zu verschieben, lehnen wir ab,“ stellt der NABU-Landesvorsitzende Johannes Enssle klar.
Baden-Württemberg braucht mehr Mut für große Gesten, fordert die BUND-Landesvorsitzende Sylvia Pilarsky-Grosch: „Wir appellieren an Ministerpräsident Kretschmann und CDU-Fraktionschef Hagel, zu ihrem Wort zu stehen und das Leuchtturmprojekt Nationalpark nicht für die Forstwirtschaft zurechtzustutzen. Diese einmalige Chance muss das Land nutzen und mindestens die zugesagten 1.500 Hektar Erweiterungsfläche gesetzlich festschreiben. Alles andere wäre unangemessen.“
Susanne Schönberger, Vorstandsmitglied im Freundeskreis Nationalpark Schwarzwald, betont: „Der Verlust der biologischen Vielfalt ist eine entscheidende Herausforderung unserer Zeit. Als international anerkanntes und wirksames Instrument zum Schutz der Biodiversität haben wir in Baden-Württemberg unseren Nationalpark, um die Natur auf möglichst großer und unzerschnittener Fläche vom Menschen weitgehend unbeeinflusst zu lassen. Die gesetzlichen Regelungen müssen diesen Aspekt berücksichtigen und hier bestmögliche Voraussetzungen schaffen.“
Auch die Idee, ein jährliches Nutzungsentgelt von rund 550.000 Euro für die Stilllegung von Waldflächen an ForstBW aus dem Naturschutzhaushalt zu bezahlen, kritisieren die Verbände scharf. Dazu erklärt der LNV-Vorsitzende Dr. Gerhard Bronner: „Bei dieser Leistung handelt es sich um eine gesetzliche Pflichtaufgabe aus dem Landeswaldgesetz. Wenn sich der Staatsforstbetrieb ForstBW die Flächenanteile des Nationalparkes auf sein gesetzlich festgeschriebenes Zehn-Prozent-Ziel ungenutzter Waldflächen anrechnen lässt, müssen die Mittel dafür auch aus dem Forsthaushalt des zuständigen Ministeriums beziehungsweise dem sogenannten Forstgrundstock bezahlt werden.“
Die Forderungen der Verbände im Detail
Im Koalitionsvertrag kündigen Grün-Schwarz an: „Wir erweitern und entwickeln den Nationalpark Schwarzwald“. Der Lückenschluss darf für die Natur daher kein Nullsummenspiel werden. Erweitern bedeutet ein Plus an Fläche. Die Erweiterungsfläche sollte mindestens die zwischen Ministerpräsident Kretschmann und CDU-Fraktionschef Hagel vereinbarten 1.500 Hektar umfassen, zumal das Land 2.900 Hektar Waldfläche mit der Murgschifferschaft tauscht.
Bisher geschützte Nationalparkflächen müssen geschützt bleiben. Die Abtretung größerer Nationalparkteile an ForstBW lehnen die Verbände ab, besonders die Abtretung von 42 Hektar bisheriger Kernzonen und über 100 Hektar Entwicklungszonen. Diese Flächen müssen im Nationalpark verbleiben oder andernfalls als Naturschutzgebiet ausgewiesen werden.
Der Nationalpark ist ein Naturschutzprojekt, das in der Hauptsache dem Prozessschutz und damit dem Erhalt der biologischen Vielfalt und der darauf angewiesenen Arten und Lebensgemeinschaften dient. Das Prinzip „Natur Natur sein lassen“ muss auf diesem minimalen Teil der Landesfläche Vorrang haben. Durch den Zuschnitt des Lückenschlusses sind aktuell keine weiteren Prozessschutzflächen zur erwarten, da es sich komplett um Managementzonen handelt. Gleichzeitig wird dem Nationalpark an den Rändern Fläche entzogen, darunter Kern- und Entwicklungszonen. Das heißt, der Lückenschluss führt netto zu einem Zuwachs an Managementflächen, nicht aber zu einem Zuwachs an Entwicklungs- und Kernzonen.
Die Zusammensetzung des Nationalparkrats spiegelt den Naturschutzzweck wider. Die Zusammenarbeit in dem Gremium hat bis dato sehr gut funktioniert. Daher muss es bei der bisherigen Sitzverteilung bleiben. Einen Machtzuwachs der Forstseite lehnen die Verbände unisono ab.
ForstBW bekommt kein sogenanntes Nutzungsentgelt für die Stilllegung von Waldflächen aus dem Naturschutzhaushalt, sondern aus dem Forstgrundstock des Landeshaushaltes. Diese still gelegten Flächen, die der ungestörten Kernzone zugerechnet werden, sind Teil des im Landeswaldgesetz definierten Ziels, zehn Prozent des Staatswaldes aus der Nutzung zu nehmen (vgl. LWaldG § 45 Abs. 1a). Das ist eine Leistung der Daseinsvorsorge, die aus dem Haushalt des für die Umsetzung des Waldgesetzes zuständigen Ministeriums zu leisten ist.
NABU Calw: Keine gute Nacht für den Igel
NABU weist auf immer häufigere Verletzungen durch Mähroboter hin
Calw – Der Igel steht vor großen Herausforderungen. Seine Lebensräume in der Agrarlandschaft schwinden und die neue Zuflucht in Gärten und Parks entpuppt sich als zunehmend gefährlich. Schätzungen zufolge leben dort trotzdem bis zu neunmal so viele Igel wie in der freien Landschaft.
Igel fallen Mährobotern häufig zum Opfer
In der vermeintlichen Idylle sehen sich Igel seit einigen Jahren mit einer neuen Bedrohung konfrontiert, die unvermittelt auftaucht: Mähroboter. Sie sind meistens nicht clever genug, um Igel zu erkennen, wie die Igelforschungsgruppe am Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung herausgefunden hat. Denn: Igel flüchten nicht bei Gefahr, sondern kugeln sich ein. „Eigentlich ein sehr cleveres Verhalten, wenn man ein Stachelkleid besitzt. So spart man Energie für Flucht oder Kampf. Aber leider fatal angesichts von Straßenverkehr – und Mährobotern“, sagt Renate Fischer vom NABU Calw. Eine Begegnung mit einem Mähroboter endet für Igel häufig katastrophal. Igelschützerinnen und -schützer berichten von Schnittwunden und abgetrennten Gliedmaßen bis hin zu tödlichen Verletzungen. Etwa die Hälfte der verletzt aufgefundenen Igel überlebt nicht. Hinzu kommt die hohe Dunkelziffer: Viele verletzte Stachelträger verkriechen sich unter einer Hecke und verenden dort unbemerkt.
Mähroboter-Verkauf um 45 Prozent angestiegen
Erst kürzlich wurde vermeldet, dass der Mähroboter-Absatz in den ersten Monaten dieses Jahres um 45 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gewachsen ist. Mit der wachsenden Verbreitung der Mähroboter hat auch die Zahl verletzter Igel stark zugenommen, erklärte kürzlich die Landestierschutzbeauftragte in Baden-Württemberg, Julia Stubenbord. „Der Konflikt zwischen Igel und Roboter ließe sich ganz einfach vermeiden. Da Igel überwiegend nachts und in der Dämmerung unterwegs sind, sollte man die Roboter nur tagsüber und unter Aufsicht betreiben. Das leitet sich aus dem Tierschutzgesetz und dem Naturschutzgesetz ab: Tieren darf man kein vermeidbares Leid zufügen“, so Renate Fischer von der NABU-Gruppe Calw. Wir fordern daher ein Nachtfahrverbot, bekräftigt Fischer. Köln und Mainz etwa haben das bereits eingeführt, in weiteren Städten und Gemeinden wird ebenfalls an entsprechenden Regelungen gearbeitet.
NABU lehnt Mähroboter ab
Mähroboter sind nicht nur eine Gefahr für Igel, sondern auch für viele Kleintiere und Jungvögel, die ihre ersten Flugversuche starten und auf dem Rasen landen. Und sie vernichten die Lebensgrundlage zahlreicher Insekten. „Kurz geschorene Rasen bieten keinerlei Nahrung für Wildbienen, Schwebfliegen und Schmetterlinge, da Gänseblümchen, Löwenzahn oder Gundermann gar nicht zum Blühen kommen“, führt Fischer aus. „Wenn man auf Mähroboter nicht verzichten will, sollten diese nur tagsüber und unter Aufsicht den Rasen kürzen. Auch sollten Bereiche des Gartens ausgespart werden, um Rückzugsräume für Tiere zu erhalten.“
Es gäbe auch eine technische Lösung: Die Hersteller könnten die Mähroboter so programmieren, dass ein Einschalten nachts nicht mehr möglich ist. Das ist allerdings noch nicht die Regel. „Da wünschen wir uns mehr Durchsetzungskraft aus der Politik, damit der permanente Verstoß gegen das Naturschutzgesetz bei (nächtlichem) Roboter-Einsatz endlich ein Ende findet“, so Renate Fischer.
Calw, 27.07.2025